Von Kreidestrichen zu Schokoladenstückchen
Für viele Menschen in Deutschland beginnt die Vorfreude auf Weihnachten bereits am 1. Dezember mit dem Öffnen des ersten von 24 Adventskalendertürchen, hinter denen sich kleine Leckereien wie Schokolade und andere Überraschungen verbergen. Der Adventskalender ist ein alter Brauch, der seinen Ursprung im 19. Jahrhundert in Deutschland hat. In einer Zeit, in der es noch keine festlichen Schokoladen- oder Spielzeugkalender gab, zählten Familien und vor allem Kinder die Tage bis Weihnachten auf verschiedene Weise: Manche Eltern malten 24 Kreidestriche an die Wand, von denen die Kinder jeden Tag einen wegwischen durften. Andere benutzten Weihnachtsuhren mit 24 Feldern und einem Zeiger, der jeden Tag einen Schritt weiter gestellt wurde. Es gab auch Adventskerzen mit 24 Strichen, die jeden Tag ein bisschen weiter abbrennen durften.
Der erste gedruckte Adventskalender
1904 brachte der Deutsche Gerhard Lang aus Malbronn in Baden-Württemberg den ersten gedruckten Adventskalender auf den Markt. Dieser trug den Namen „Im Lande des Christkinds“ und erzählte von den vielen Vorbereitungen, die das Christkind vor Weihnachten zu erledigen hat. Er hatte allerdings noch keine Türchen, sondern erforderte Bastelarbeit, denn er bestand aus zwei bedruckten Bögen Papier: einem größeren Karton mit 24 Textfeldern und einem kleineren Blatt mit 24 Bildern, die religiöse und weihnachtliche Motive wie Engel oder Winterlandschaften zeigten. Diese Bilder musste man selbst ausschneiden und auf die Datumsfelder kleben.
Gerhard Lang ließ sich immer wieder neue Adventskalender einfallen. Von ihm stammt auch die Idee, Schokolade hineinzustecken. Die typischen Adventskalender mit kleinen Schokoladenstückchen hinter jedem Türchen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg richtig populär und verbreiteten sich als fester Brauch in deutschen Haushalten – und in den letzten Jahrzehnten schließlich auch in vielen anderen Ländern, in denen Weihnachten gefeiert wird.
Die bunte Vielfalt der Adventskalender heute
Was als einfacher Kalender mit religiösen Bildern begann, hat sich zu einer überraschend vielfältigen Tradition entwickelt. In Deutschland gibt es mittlerweile Adventskalender für jeden Geschmack – von klassisch bis modern, von süß bis kreativ, gefüllt mit Süßigkeiten, kleinem Spielzeug, Kosmetikartikeln und anderen Kleinigkeiten. 100 Millionen Euro Umsatz werden heute jährlich mit den kleinen Dezemberfreuden gemacht. In manchen Städten verwandeln sich außerdem ganze Hausfassaden in Adventskalender. Hinter verschiedenen angeleuchteten Fenstern gibt es dann jeden Tag ein anderes Motiv zu sehen.
Die verschiedenen Adventskalender im Überblick:
- Der Klassiker mit Schokolade: Der wahrscheinlich bekannteste Adventskalender enthält kleine Schokoladenstückchen hinter jedem Türchen. Diese Art des Kalenders ist besonders bei Kindern beliebt und weckt täglich süße Vorfreude.
- Spielzeug- und Bastelkalender: Vor allem für Kinder gibt es viele Adventskalender, die Spielzeug oder Bastelmaterialien enthalten. Diese Kalender sind oft thematisch gestaltet, zum Beispiel rund um eine bekannte Spielfigur, und liefern täglich eine neue kleine Überraschung, die gesammelt oder zu einem größeren Ganzen zusammengefügt werden kann.
- Beauty- und Wellnesskalender: Eine besonders beliebte Form des Adventskalenders bei Erwachsenen sind Beauty- und Wellnesskalender. Diese enthalten hinter jedem Türchen kleine Pflegeprodukte wie Cremes, Masken oder Düfte – perfekt für eine tägliche kleine Auszeit im stressigen Dezember.
- Kulinarische Kalender: Auch für Feinschmecker gibt es viele interessante Varianten, wie Gewürzkalender, Teekalender oder sogar Kalender mit kleinen Spirituosen oder Craft-Bieren. Diese Kalender bieten jeden Tag eine neue Geschmacksrichtung und machen das Warten auf Weihnachten zu einem kulinarischen Erlebnis.
- DIY-Kalender: Immer mehr Menschen in Deutschland basteln Adventskalender für ihre Liebsten selbst. Dabei werden kleine Päckchen oder Säckchen mit eigenen Ideen befüllt, wie handgeschriebenen Botschaften, Fotos oder kleinen Geschenken. Dies ist eine besonders persönliche Variante und zeigt, wie vielseitig der Adventskalender sein kann.
- Virtuelle Adventskalender: Mit der Digitalisierung sind auch virtuelle Adventskalender populär geworden. Online-Adventskalender bieten oft täglich ein kleines Gewinnspiel, einen Rabattcode oder eine besondere Überraschung – beliebt bei Unternehmen, die ihre Kund:innen auf kreative Weise erreichen möchten.
Liebgewonnene Tradition mit Symbolkraft
Der Adventskalender ist in Deutschland nicht nur eine liebgewonnene Tradition, sondern hat auch eine besondere Symbolkraft. Er läutet die Vorweihnachtszeit ein und ermöglicht ein tägliches Innehalten. Vor allem für Kinder ist der Kalender wichtig: das tägliche Öffnen eines Türchens ist ein Ritual, das die Vorfreude auf Weihnachten jeden Tag ein bisschen größer werden lässt. Für viele Erwachsene ist der Adventskalender ein nostalgisches Erlebnis, das an die eigene Kindheit erinnert. Wer diesen Brauch einmal ausprobieren möchte, wird schnell feststellen: Je nachdem, was sich hinter den Türchen verbirgt, wird die Vorfreude umso süßer – oder umso spannender!